Erster Jugendaustausch Karlsruhe-Van
Juni 2011

Kurz-Reisebericht und Übersicht

Unter der Leitung des:

Teilnehmer: 5 Jugendliche im Alter von 12 bis 24 Jahren. 4 Begleitpersonen, ehrenamtlich.
Reisedauer: Ab Karlsruher Hauptbahnhof – Hotel in Van ca. 14 Stunden Hotel in Van - Karlsruher Hauptbahnhof ist in 8 Stunden möglich
Aufenthalt: Insgesamt 8 Tage vom 14. bis zum 22. Juni. 9 Übernachtungen, davon eine außerhalb von Van.
  • Alexa
  • Mael
  • Dennis
  • Medya
  • Leonardo

13. / 14. Juni, Anreise

Van ist mit dem Flugzeug bequem zu erreichen. Entsprechend dem Flugplan benötigt man zwischen 8 -14 Stunden für die Strecke Hauptbahnhof Karlsruhe und einem Hotel in Van. Der Flughafen liegt nahe an der modernen Innenstadt die mit westlichen Einkaufsmöglichkeiten punktet. Unser Hotel Bayram, in zentraler Innenstadtlage, wäre auch in Karlsruhe eine bessere Adresse. Kulturelle und soziale Einrichtungen sind wie überall in der Türkei nicht so vielseitig ausgeprägt wie in Mitteleuropa.

15 Juni, Mittwoch

8.30 Uhr Frühstück im Hotel. Es gibt viele lokale Spezialitäten wie z. B. Kräuterkäse und Wabenhonig. Um 10 Uhr holt die Reisebegleitung uns am Hotel ab. Die Besichtigung von zwei der bedeutendsten Kulturdenkmäler ist geplant.

1. Cavustepe.

Die Ausgrabung einer urarträischen Festung liegt auf einem Felsrücken in der Ebene von Gürpinar, ca. 25 km von Van entfernt. Die Baukunst der Urarträer und deren Keilschriftinschriften kann man besonders anschaulich an den Resten eines Tempels aus absolut ebenmäßig behauenen Basaltblöcken bestaunen. Vor dem Burghügel breitet sich ein Panorama von saftig grünen Feldern und bunten Blumenwiesen aus; eingerahmt von teilweise noch schneebedeckten Bergen. Die Gruppe nimmt sich eine gute Stunde Zeit zur Erkundung und wird anschließend vom Wächter der Ausgrabung zum Tee eingeladen. Die fruchtbare Ebene wird seit Urzeiten von Bewässerungskanälen durchzogen, die von der reichen (gür) Quellle (pinar) gespeist werden. Die Gruppe besichtigt auf dem Weg zum nächsten Ziel das Quellhaus am Fuß eines unscheinbaren Hügels. Von hier kommt alles Trinkwasser für die Großstadt Van und es ergiesst sich ein Fluss in eine idyllische Landschaft, dessen Wasser so kalt ist, dass man kaum ein Minute aushält Hände oder Füße hineinzuhalten.

2. Akdamar und die Heiligkreuzkirche.

Um die 2010 wieder geweihte und renovierte Kirche zu besichtigen, muss man am Fuß des Artosmassivs auf die alte Klosterinsel Akdamar übersetzen. Die Bootsfahrt macht Spaß und alle genießen die Sonne und das türkisblaue Wasser des Vansees. Gemeinsam betrachtet man zunächst die Außenfassade der fast 1100 Jahre alten Kirche, die mit Reliefen reich verziert ist. Diese zeigen biblische Szenen, Tiere und Fabelwesen. Neu ist das Kreuz auf dem Kirchturm und ein einfacherer Altar im Inneren. Wir schließen daraus, dass die Kirche wieder für armenische Gottesdienste genutzt werden darf, die Souvenirläden sind offensichtlich auch auf armenische Touristen eingestellt. Im Teegarten und in den kleinen Buchten sitzen aber auch viele Einheimische, die hierher einen Ausflug machen. Zufällig besucht auch Johannes, ein Student aus Karlsruhe, Akdamar an diesem Nachmittag. Um 16 Uhr geht es zurück Richtung Van. In einem Imbiss direkt am Seeufer gibt es zur Stärkung für jeden eine Portion Köfte (Fleischklöße) mit Salat im Brotfladen. Gegen 18.30 Uhr sind wir am Hotel. Einige Unermüdliche machen dann in Van bis 22 Uhr noch einen Einkaufsbummel. Am Abend gibt es eine totale Mondfinsternis.

16 Juni, Donnerstag

Oktay hat die Gruppe um 9.30 Uhr in einem Schulprojekt angemeldet, das wir zu Fuß erreichen. Es dient der Vorbereitung auf die Universitäts-Aufnahmeprüfungen. Die Lehrer in diesem Kurs arbeiten ehrenamtlich, die Räumlichkeiten stellt die Stadt Van. Auf diese Weise haben Schüler und Schülerinnen aus armen Familien eine Chance auf einen Studienplatz. Normalerweise sind solche Kurse privatwirtschaftlich organisiert und sehr teuer. Nach einem Gespräch mit dem Leiter wird man einer Klasse vorgestellt, die anschließend Fragen an die Karlsruher stellen darf. Die Neugier ist auf beiden Seiten sehr groß. Es wird deutlich, dass das Erlernen von Fremdsprachen in den Schulen etwas vernachlässigt wird. Ohnehin ist es rein freiwillig. Die meisten Schüler hier konzentrieren sich auf Fächer, die direkt dem späteren Studium zu Gute kommen. Allerdings ist Kurdisch als Zweisprache in diesem Kurs anerkannt und die Klassenzimmer tragen die Namen von kurdischen Schriftsteller und Poeten. Da heute die Sommerferien beginnen, können wir keine reguläre Schule mehr besichtigen.

Der nächste Termin ist um 11.30 Uhr im Kelimatelier Van. Man läuft ca. eine halbe Stunde durch Wohngebiete in denen sehr viel abgerissen und Größeres neu gebaut wird. Enver Özkahraman ist der Leiter des Sozialprojekts. Das Kelimatelier bewahrt traditionelle Handwerkstechniken wie die der Kelimherstellung. Neu hinzugekommen ist die Keramikwerkstatt. Die Mädchen und junge Frauen arbeiten selbstbestimmt in kleinen Gruppen. Die faire Bezahlung ist meist ein notwendiges Einkommen für die ganze Familie. Gleichzeitig wird auch auf ihre schulischen Ausbildung geachtet. Nach einem leckeren Mittagessen bricht die Gruppe um 13 Uhr mit dem Kleinbus auf und fährt aufs Land zur Ferienanlage von Dr. Koch Reisen.

Nach einigen Kilometern auf der Schnellstraße biegt der Bus auf eine kleinere Piste ab, die direkt am Vansee durch kleine Dörfer führt. Sie sind umgeben von Pappelwäldchen. Ansonsten sind die Berge baumlos aber im Juni noch sehr grün. Überall blühen Blumen in intensiven Farben. Bei strahlend blauem Himmel leuchtet der See in den schönsten Blautönen. Am gegenüberliegenden Ufer thront der über 4000 Meter hohe Vulkankegel des Süphan mit seinem schneebedeckten Gipfel. In der Anlage angekommen bleibt noch genug Zeit zum spazieren, schwimmen oder einfach zum faulenzen. Das Abendessen ist ausgezeichnet und auch ein kühles Efes Bier kann man dazu auf der Terrasse genießen.

17 Juni, Freitag

Um 8 Uhr steht die Sonne schon hoch am Himmel. Es gibt Frühstück und eine letzte Bademöglichkeit vor der Abreise um 10 Uhr. Heute steht ein echtes Großereignis der Natur au dem Programm: die Wanderung der Vansee-Ukelei. Die einzige im Sodasee vorkommende Fischsorte laicht im Juni in den Zuflüssen des Vansees ab. Dazu ziehen anscheinend alle Fische gleichzeitig flussaufwärts und kämpfen gemeinsam gegen die Strömung in den Bergflüssen an. Der Deli Cay (Verrückter Fluss) ist schwarz vor Fischen. Anlässlich des Ereignisses findet ein mehrtägiges Volksfest mit Konzerten, Tanzdarbietungen und Ausstellungen statt. Um die Mittagszeit und zum Essen geht es weiter zum nicht weit entfernten Wasserfall bei Muradiye. Ein beliebtes Ausflugsziel, dessen Schönheit unter den Resten der zahlreich abgehaltenen Picknicks sehr leidet. Besonders abenteuerlich ist es für die meisten Besucher, auf der stark schwankenden Hängebrücke den Fluss zu überqueren. Am frühen Nachmittag kehrt man nach Van zurück. Die Fahrt über die Schnellstraße dauert eine gute Stunde. Erstaunlich: eine neue Unterführung an der Durchgangsstraße war im letzten Jahr noch nicht gebaut und ist nun schon komplett fertig. Den Rest des Tages hat jeder zur freien Verfügung. Zum Abendessen geht die Gruppe wieder gemeinsam und beschließt den Abend auf der Dachterrasse des Hotels.

18 Juni, Samstag

9.45 Uhr beginnt der Ausflug zum Kesis Gölü – eine Hochweide mit Almwirtschaft in der Nähe von Van. Im Supermarkt wird für einen Mittagsimbiss eingekauft. Der Minibus nimmt die südliche Route, die leichter zu fahren ist. Zunächst geht es durch die ausgedehnten Vorortsiedlungen bei Van. Eine Mischung aus „Dorfhäusern“ mit großen Gärten, vielen unfertigen Neubauten, die oft schon bewohnt werden und kleinen Werkstätten und Lädchen. Viele Straßen sind unbefestigt, was in dieser Jahreszeit kein Problem ist. Unvermittelt endet die Stadt und die Piste führt in ein pittoreskes Felstal. Unterwegs Stopps bei einem Schäfer und in einem Dorf. Viel freundliche Neugier und Fragen. Im Dorf kommen viele Kinder angelaufen. Es sind ja Ferien. Viele Dorfbewohner sind in den letzten Jahren in die Stadt gezogen. Man erzählt von 400 Personen. Landwirtschaft ist mühsam und lohnt sich kaum. Viele Verordnungen für die Viehzucht sind hinzugekommen und erschweren den Verdienst. Bis zur Hochebene kein weiteres Dorf. Auf dem Kamm oberhalb des großen Talkessels herrliche Aussicht. Van ist nicht nicht sichtbar aber Cavustepe, Gürpinar, der Artos und die Berge in Richtung Hakkari und zu iranischen Grenze. Am Kesis-See gibt es Millionen Libelllen, Frösche und Blumen. Einige Zeltlager, Kühe und Schafe sind schon auf der Sommerweide aber noch kommen weitere Leute mit ihren Tieren dazu. Alle geniessen die herrliche Natur bei einem Spaziergang. Später wird man ganz unkompliziert in einem der Zelte zum Tee eingeladen. Auch Essen wird angeboten aber die Gruppe bedankt sich und mach etwas ausserhalb der Siedlung ein Picknick mit Kühen.

Auf dem Rückweg nach Van überfällt Einige die Wanderlust. Es wird vereinbart, dass der Bus die Wandergruppe absetzt und später im Ort Yedikilise (Siebenkirchen) abholt. Dort kann man die Ruinin eines großen armenischen Klosters besichtigen. Zu Fuß dauert der Weg 1-2 Stunden durch die Bergwelt. Mit dem Wagen muss man zurück nach Van und eine andere Strasse zum Dorf nehmen. Im Dorf findet eine Hochzeit statt. Die erschöpften Wanderer werden spontan eingeladen und bewirtet. Anschließend folgt noch die Kirchenbesichtigung und ein kleines Vorsingen der Dorfmädchen.

Gegen 18 Uhr sonnenverbrannt und glücklich zurück in die Stadt, mit dem vielen Verkehr und wo immer noch massenweise Leute beim Einkaufen sind. Welch ein Kontrast! Auch unsere Gruppe geht nochmal auf Schnäppchenjagd, denn sonntags sind die meisten Läden geschlossen.

19 Juni, Sonntag

Um 9.45 Uhr machen wir einen weiteren Ausflug. Diesmal geht es erst am See entlang Richtung Edremit, Gürpinar und dann in die südlichen Berge nach Catak zur Kani Spi (Weiße Quelle) wo ein Forellenfest gefeiert wird. Organisiert wird es ebenso wie das andere „Fischfest“ vom Vali von Van. Unterwegs Stopp in einem Dorf mit Forellenzucht. Im Jahr wachsen bis zu 800.000 Forellen heran in mehrere Becken, die von dem klaren Flusswasser durchströmt werden. Die Forellen sind eine kleine, einheimische Sorte. Sehr lecker wie man später erfährt. Auch die Dorfbewohner wollen zum Fest an der Kani Spi aber vorher müssen noch die Ziegen gemolken werden. Unsere Gruppe schaut zu, wie die Herden angelaufen kommt und zu den ca. 20 Melkerinnen getrieben wird. Von jeder Ziege gibt es nur ein wenig Milch, denn auch die kleinen Zicklein müssen noch von der Milch satt werden. Viele Fotomotive. Bei der Quelle kommt sich die Gruppe selbst vor wie Herdentiere, denn es ist wahnsinnig voll. Als Gäste erhalten wir heiß begehrte Sitzplätze und nach einer Weile auch eine gebackene Forelle. Nachdem einige von der Gruppe auch den steilen Aufstieg zur Quelle – die wie ein Wasserfall aus den Bergen stürzt – bewältigt haben, kehren wir zurück nach Van. Am See legt man einen Stopp ein um etwas zu trinken. Am steinigen Ufer bei Edremit viele Badende, auch einer der Karlsruher springt nochmal in den See und verletzt sich leider an einer Scherbe am Fuß. Später Videoabend mit den eigenen Filmaufnahmen im Hotel. Und Vorbesprechung der letzten 2 Tage.

20 Juni, Montag

Ab 10 Uhr Offizieller Empfang der Gruppe bei Bürgermeister Kaya. Trotz Termindruck nimmt er sich über eine Stunde Zeit. Anschließend Gespräche mit Cahit Bozbay und der Presse. Danach Führung durch die traditionellen Bazarviertel von Van. Mittagsimbiss in typischen Frühstückslokal von Van. Besuch des archäologischen Museums. Nachmittag frei.

21 Juni, Dienstag

10 Uhr Besichtigung der Vanburg von den 8 Gruppenteilnehmern, die noch laufen können. Schon wieder – überall wird renoviert und gebaut. Man begeht zunächst das Gelände der alten Stadt und steigt dann an der Ostseite auf den Burgrücken. Eines der urarträischen Königsgräber wird besichtigt. Pause auf der Kult-Terrasse davor, denn innen stinkt es nach Kloake. Dann begeht und beklettert die Gruppen den ca. 2 km langen Bergrücken und bewundert die Ruinen und die Aussichten über die Ebene von Van. Im Teegarten an der Westseite, in Nähe des Vansees wartet der Minibus.

Nachmittags um 16 Uhr ein Termin mit dem Jugendrat von Van. Gegenseitiges Vorstellung und Kennenlernen in deren ganz neuen Räumen in einem Geschäftshaus in der Innenstadt. Besprechung eines möglichen Gegenbesuchs im Oktober 2011. Das alles dauert 2 Stunden. Abschluss bei einer gemütlichen Teerunde in einem Straßencafé. Abschied um 19 Uhr.

Im Hotel kommen noch ein paar Freunde von früheren Besuchen vorbei. Zum Abschlussessen geht die Gruppe in ihr Stammlokal „Halil Ibrahim Sofrasi“. Heute geht es früh zurück ins Hotel, denn die Koffer müssen gepackt werden.

22 Juni, Mittwoch

Abreise um 8.45 Uhr am Hotel. Um ca. 9.05 sind wir am Flughafen und checken ein. Praktisch – diesmal wird das Gepäck durchgecheckt bis Stuttgart. Flug nach Istanbul wo es nach einem kurzen Aufenthalt und mit halbstündiger Verspätung weitergeht. In Stuttgart misslingt die Landung wegen eines infernalischen Unwetters. Der Pilot muss durchstarten und wird nach Nürnberg umgeleitet. Mit dreistündiger Verspätung kommt die Reisegruppe schließlich doch in Stuttgart an. Die Heimreise nach Karlsruhe verläuft dann reibungslos. Ende gut, alles gut!

© karlsruhe-van.eu
Alle Rechte vorbehalten